Erst die Pflicht, dann die Kür

(Kommentare: 0)

Eine Meinung von Martin Siemer

Wildeshausen. Am Thema Innenstadt scheiden sich die Geister. Und nicht erst, seit dem Hunte- und Westerstraße aktuell fast wieder in den Zustand der alten B213 gebracht wurden. Da mögen auch die Beteuerungen aus dem Stadthaus nicht helfen, dass nach der Umgestaltung der Parkplätze im Kern der Wittekindstadt nicht schneller gefahren wird als vorher. Der gefühlte Eindruck der Menschen, die in der Stadt bummeln oder in den Cafés verweilen, ist offenbar ein anderer. Und nur dieser Eindruck zählt. Denn nur dort, wo ich mich wohlfühle, das lasse ich mich nieder.

Die Befürworter eines weiteren, ausgeweiteten Autoverkehrs in der Stadt argumentieren mit dem drohenden Käuferschwund. Ein Argument, welches man Ernst nehmen muss. Denn immerhin geht es um die Existenzen von Geschäften und gastronomischen Betrieben. Zumal die Käuferinnen und Käufer am Westring alles das finden, was es auch in der Innenstadt gibt. Dazu unzählige kostenlose Parkplätze. Schon aus diesem Grund ist die allzeit hervorgehobene „Wildeshauser Liste“, die die Kaufkraft der Innenstadtgeschäfte stärken sollte, obsolet. Denn die Politik hat alles dafür getan, um das Angebot am Westring immer weiter auszudehnen. Da wird zum Beispiel ein Bio-Supermarkt genehmigt, der den angestammten Bioladen in der Innenstadt verdrängt. Diese Fehler sind nicht mehr zu revidieren.

Ich verteufle in keinster Weise Menschen, die aus dem Umland mit dem Auto in die Innenstadt fahren, weil sie mit dem ÖPNV keine Möglichkeit dazu haben. Doch der Raum, um diese Fahrzeuge fußläufig parken zu können, ist nun einmal beschränkt. Wenn jetzt dennoch angedacht wird, hinter dem Hannoverschen Hof einen weiteren, großen Parkplatz zu errichten, gleicht das eher einem Schildbürgerstreich. Der Weg zu Fuß in die Innenstadt dürfte vielen Mitmenschen zu weit sein. Zudem befindet sich das Areal im Überschwemmungsgebiet von Hunte und Hunteumleiter. Und ich erinnere daran, dass Abgeordnete des Stadtrates, die auch heute noch aktiv sind, sich vor Jahren gegen einen Grillplatz am Hunteufer im Bereich der Eisenbahnbrücke ausgesprochen hatten. Das Jugendparlament hatte diesen angeregt, Politiker wiesen seinerzeit darauf hin, dass der Grillplatz! im Überschwemmungsgebiet liegt.

Wenn Wildeshausen also stadtnah keine Möglichkeiten hat, zusätzliche Parkflächen auszuweisen, ist die Forderung nach immer mehr Autoverkehr für Kundinnen und Kunden Unsinn. Denn wenn ich erst lange nach einer Parkmöglichkeit suchen muss, dann kann ich auch gleich woanders einkaufen. Zudem wird seit dem Sommer 1995, der Einweihung der umgestalteten Westerstraße, versucht, autofahrende Kundinnen und Kunden nach Wildeshausen zu locken. Mit mäßigem oder gar keinem Erfolg. Ansonsten gebe es nicht die aktuelle Diskussion.

Vielleicht sollte man bei der Entwicklung und Stärkung der Innenstadt einfach mal neu denken. Weniger Autos, dafür mehr attraktive gastronomische und kulturelle Angebote. Warum nicht einen Musik- und Kultursommer auf dem Marktplatz. An jedem Wochenende Konzerte, Theater, Kleinkunst auf einer festen Bühne vor dem Rathaus / Stadthaus. Das solch ein Angebot Menschen von auswärts anlockt, dass zeigen die Besucher der Sommerkonzerte auf der Burgwiese. Und wer zum Entspannen und Genießen in die Huntestadt kommt, der geht vielleicht auch einige Meter mehr zu Fuß. Und Touristen, die auf dem Wohnmobilstellplatz im Krandel Station machen, die fahren eh meist mit dem Fahrrad in die Stadt. Ist die Innenstadt attraktiv, kann man auch wieder attraktive Geschäfte anlocken und die bestehenden sträken. Vechta oder Cloppenburg machen es vor.

Und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Innenstadtbetriebe kann man auch eine Lösung finden. Auf dem Parkplatz an der Neuen Straße könnte man eine mehrstöckige, ansprechende Parkgelegenheit schaffen. Der Denkmalsschutz des Walles dürfte dem nicht entgegenstehen. Denn in unmittelbarer Nachbarschaft wurden Mehrfamilienhäuser und eine Seniorenresidenz errichtet.

Bei der Stärkung und Entwicklung der Innenstadt müssen alle Akteure an einem Strand ziehen, in die gleiche Richtung. Und daran hapert es nach meiner Wahrnehmung in Wildeshausen seit Jahren. Viele Chance sind damit vertan worden.

 

Zurück