Erste Exhumierungen geplant

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Ermittlungen gegen ehemaligen Krankenpfleger laufen weiter / Staatsanwalt entschuldigt sich

Von Martin Siemer

Oldenburg. Der Fall des ehemaligen Krankenpflegers Niels H.könnte sich zu einer der größten Mordserien in Deutschland entwickeln. H., der sich derzeit vor dem Oldenburger Landgericht wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs verantworten muss, hatte im Prozess 30 weitere Taten eingeräumt.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft am Montagmittag kündige Polizeipräsident Johann Kühme die ersten acht Exhumierungen möglicher weiterer Opfer an. Die Ermittlungsbehörden gehen von weiteren Morden des Angeklagten aus. Er soll seinen Opfern eine Überdosis eines Herzmedikamentes gespritzt haben.
Oberstaatsanwalt Thomas Sander nutzte die Pressekonferenz, um sich bei den Hinterbliebenen der Opfer zu entschuldigen. „Die Ermittlungen sind in der Vergangenheit nicht mit der gebotenen Geschwindigkeit geführt worden. Angehörige, die Auffälligkeiten gemeldet haben sind jahrelang hingehalten worden. Es wurden Wunden geschlagen die unnötig waren, dafür möchte ich mich im Namen der Staatsanwaltschaft entschuldigen“, sagte Sander. Die Staatswanwaltschaft Osnabrück ermittelt derzeit gegen zwei ehemalige Oldenburger Staatsanwälte wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt. Sie waren seinerzeit Hinweisen nach möglichen weiteren Taten von Niels H. nicht nachgegangen.
Im Klinikum Delmenhorst, wo Niels H. Von 2002 bis 2005 tätig war, gibt es 174 Verdachtsfälle. „Ein Gutachter hat inzwischen die Krankenakten von 23 Patienten ausgewertet. Bei 12 Patienten ist der Tod nicht anhand des Krankheitsverlaufs erklärbar“, sagte Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann, die das Ermittlungsverfahren leitet.
In Kürze sollen zunächst auf einem Friedhof in der Region acht Leichen exhumiert werden. Mit Rücksicht auf die direkten Angehörigen der Verstorbenen nannte Kühme jedoch weder Zeit noch Ort. „Die Öffnung der Gräber ist ein erheblicher Eingriff in die Totenruhe und eine enorme Belastung für die Angehörigen“, sagte Kühme. Er appellierte an die Medienvertreter, bei der Berichterstattung die notwendigen Zurückhaltung und Diskretion walten zu lassen. „Wir wollen verhindern, das Schaulustige das Geschehen vor Ort verfolgen.“ Insgesamt bisher zwölf Exhumierungen genehmigt. Die Ermittlungsbehörden werden dabei friedhofsweise vorgehen. „Die betroffenen Angehörigen wurden durch Polizeibeamte über die bevorstehenden Exhumierungen informiert. Inden meisten Fällen haben sie die Nachricht betroffen, aber gefasst aufgenommen;“ erklärte Kriminaloberrat Arne Schmidt, Leiter der Sonderkommission „Kardio“.
Geprüft werden auch acht Todesfälle im Landkreis Oldenburg. Hier war Niels H. Zwischen 2002 und 2005 nebenberuflich als Rettungsassistent tätig. Ein externer Gutachter prüft nun, ob sich die acht Todesfälle in dem betreffenden Zeitraum mit der Erkrankung der Betroffenen erklären lassen.
Auch 20 Todesfälle am Klinikum Oldenburg stehen im Fokus der Ermittler. Hier war Niels H. von 1999 bis 2002 zunächst in der Kardiologie und dann in der Anästhesie beschäftigt.
„Wir wollen das Treiben des Herrn H. vollständig aufklären“, betonte Thomas Sander.

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